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Johannes Sommer
CEO, Retresco
Die anfängliche Euphorie ist verflogen und es fragen sich viele: Wo und wie bringen die KI-Anwendungen tatsächliche Mehrwerte?
Wo sind die effektiven KI-Projekte entlang der medialen Wertschöpfungskette? Genau darum geht es in diesem Artikel, indem ich KI-Lösungen bei Medien, Publishern und Verlagen vorstelle, die erfolgreich umgesetzt wurden.
Seit dem Launch von ChatGPT sind Medienschaffende und Journalisten fasziniert von den Möglichkeiten mit GenAI. Medien, Publisher und Verlage haben seither viel experimentiert: Ob beim Redigieren von Texten, Entwickeln von Überschriften oder Durchsuchen von Nutzer-Feedback nach Schlüsselwörtern – KI übernimmt in Redaktionen meist einfache und repetitive Aufgaben. Einige Redaktionen haben zudem neue Anwendungen mithilfe von GenAI entwickelt.
Die anfängliche Euphorie ist verflogen und es fragen sich viele: Wo und wie bringen die KI-Anwendungen tatsächliche Mehrwerte? Inzwischen agieren viele Medien, Publisher und Verlage bei der Nutzung von KI zurückhaltender. Zahlreiche Betaphasen und Pilotprojekte zeigen zwar zukunftsweisende Ergebnisse, haben bisher aber kaum wirtschaftliche Erfolge gezeitigt und stehen auf der Kippe oder werden komplett eingestellt. Gemäß den Analysten von Gartner werden bis Ende 2025 ganze 30 % aller internen KI-Projekte eingestellt.
Nach der Euphorie ist der Alltag eingekehrt. KI-Anwendungen werden wie jede andere Investition auf ihre Relevanz und Zukunftsfähigkeit geprüft. Oft lassen sich KI-Projekte nur schwer oder mit großem Aufwand in bestehende Workflows und IT-Umgebungen wie journalistische Redaktionssysteme integrieren. In den Betatests haben die Qualität und der Output meist noch keine Priorität. Dies hat sich inzwischen geändert, doch viele KI-Anwendungen sind noch immer den Beweis schuldig, dass sie Redaktionsabläufe wirklich fundamental verbessern und eine vergleichbare Qualität wie menschliche Redakteure/innen liefern.
Letztlich dreht sich beim Einsatz von KI alles darum, das Vertrauen der eigenen Nutzer/innen zu erhalten. Es wäre fatal, bedingungslos auf KI-Tools zu setzen und dadurch nachhaltig Reichweite und damit Umsatz einzubüßen. Einmal verlorene Nutzer/innen sind unwiederbringlich. Zugleich geht es für Medien, Publisher und Verlage aber auch darum, technologisch am Puls der Zeit zu bleiben, um effizient und kosteneffektiv zu agieren – und um innerhalb der eigenen Branche nicht ins Hintertreffen zu geraten. Zwischen diesen beiden Polen bewegen sich KI-Anwendungen und ihr Einsatz.
Deshalb stellt sich die zentrale Frage: Wo sind die effektiven KI-Projekte entlang der medialen Wertschöpfungskette? Genau darum geht es in diesem Artikel, indem ich KI-Lösungen bei Medien, Publishern und Verlagen vorstelle, die erfolgreich umgesetzt wurden.
Mit dem Aufkommen von KI hat sich die Arbeitsweise im Journalismus verändert. KI-Anwendungen können riesige Datenmengen in kürzester Zeit durchsuchen, relevante Informationen identifizieren sowie journalistische Inhalte denkbar einfach strukturieren und präsentieren. Allerdings gibt es noch nicht allzu viele belastbare Use Cases für das konkrete Recherchieren von Inhalten mit GenAI. KI-basierte Antwortmaschinen wie Perplexity und SearchGPT erleichtern die Recherche, doch die Auswahl und Einordnung von Inhalten bleibt weiterhin die Aufgabe menschlicher Redakteure/innen.
Zugleich lassen sich Halluzinationen, falsche Informationen und verzerrte Inhalte schwer ausmerzen. Dies zeigt sich beispielsweise bei dem SearchGPT-Prototype, bei dem es öfters zu einem fehlerbehafteten Output kommt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Medien, Publisher und Verlage gut beraten sind, auch künftig auf eine „Human-in-the-Loop“-Strategie zu setzen. KI-Ergebnisse werden hierbei erst nach einer finalen Prüfung durch den/die Journalisten/innen veröffentlicht. Es empfiehlt sich hierbei, klare KI-Richtlinien als Orientierung zu wählen und festzulegen. Menschliche Redakteur/innen sollten stets die Kontrolle behalten und die endgültige Entscheidung über die Veröffentlichung treffen – und damit die redaktionelle Verantwortung tragen.
Redaktionen können sich durch steuerbare KI-Anwendungen auf ihre journalistischen Kernaufgaben konzentrieren. Ein gutes Beispiel hierfür sind die „KI-Reporter“ der Ruhr Nachrichten, die ihre redaktionelle Arbeit neu erdenken, indem Texte durch GenAI erstellt und automatisiert mit verlässlichen, überprüfbaren Quellen versehen werden. Dabei werden die KI-generierten Inhalte mit Informationen aus dem eigenen Archiv angereichert. Insgesamt sind zwölf lokale KI-Reporter im Einsatz, die täglich mindestens sechs Artikel produzieren. Die „KI-Reporter“ benötigen lediglich eine eintägige Schulung, um sich in die redaktionellen Workflows einzuarbeiten. Sie sind nahtlos in die bestehenden Redaktionsprozesse integriert, können aber unabhängig von anderen Aufgaben ihre KI-Artikel erstellen. Vor jeder Veröffentlichung lässt sich der Content überprüfen, bearbeiten und ergänzen. Dies ermöglicht den Ruhr Nachrichten eine schnelle und effiziente Inhaltserstellung, während zugleich die Qualität durch menschliche Redaktion gewährleistet bleibt.
Lynx Insight ist dagegen ein KI-Anwendung der Nachrichtenagentur Reuters, das Journalisten/innen bei der Recherche und Analyse von Nachrichten unterstützt. Es durchsucht riesige Datenmengen, identifiziert relevante Trends und Muster und macht Vorschläge für mögliche Artikel oder zusätzliche Informationen, die für die Berichterstattung relevant sein könnten. Durch die Integration von KI in die redaktionellen Abläufe ermöglicht Reuters deutlich schnellere und präzisere Recherchen.
Vor dem Trend hin zu KI-generierten Inhalten beruhte das Verständnis der eigenen Nutzerschaft hauptsächlich auf Verkaufszahlen, aufwändigen Umfragen und redaktionellem Bauchgefühl. Zugleich besteht in der aktuellen Medienlandschaft kein Mangel an Themen und Informationen. Deshalb ist es umso wichtiger, einzelne Zielgruppen passgenau anzusprechen und mit relevanten Themen zu versorgen.
Generative KI vereinfacht Routineaufgaben wie die Klassifizierung von Daten und die Organisation von Inhalten, etwa durch das Erstellen von Metadaten, Tags oder Entitäten. Unterschiedlichste Datendienste und Web-Scraping machen eine Fülle an Content zugänglich und bearbeitbar. Tools wie Google Trends, Dataminr oder RapidMiner ermöglichen es Redakteuren/innen, einfach und schnell auf dynamische Nachrichtenlagen zu reagieren und über aktuelle Top-Themen zu berichten. Zugleich helfen KI-Anwendungen dabei, Trends zu erkennen, die sonst möglicherweise unter dem Radar geblieben wären. Auch Fachverlage können deutlich effektiver ihre eigenen Inhalte und das entsprechende Nutzerverhalten analysieren, um herauszufinden, welche Themen eine hohe Resonanz und Bindung erzeugen.
Beispiel Merkurist: Newsroom auswählen und lokale Nachrichten KI-basiert empfanden
Ein gelungenes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von KI bei der Themenauswahl ist die tagesaktuelle Lokalnachrichten-App Merkurist. Die Merkurist-KI identifiziert relevante Themen für Artikel, indem sie das Nutzerverhalten analysiert und statistische Signifikanzen ermittelt. Nutzer/innen können zudem selbst interessante Inhalte auswählen, was wiederum das KI-System weiter verbessert. Die KI unterstützt bei der Automatisierung redaktioneller Workflows und entsprechender Entscheidungsprozesse.
Allerdings zeigt das Beispiel von Merkurist erneut, dass es sinnvoll ist, menschliche Redakteure/innen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Zu Beginn waren die von der Merkurist-KI vorgeschlagenen Themen oft zu generisch oder zu spezifisch, was viel zusätzliche redaktionelle Feinarbeit erforderte, um journalistische Standards und Relevanz sicherzustellen.
KI-Tools zur Unterstützung der Content-Produktion und dessen Qualität sind redaktioneller Alltag. Ein Blick auf aktuelle Use Cases zeigt, wie sich GenAI-Anwendungen erfolgreich in journalistischen Workflows integrieren lassen und wie sowohl Redaktionen als auch Nutzer/innen davon profitieren.
So hat die BBC „Content Credentials“ eingeführt, um die Authentizität und Integrität veröffentlichter Inhalte zu demonstrieren. Die KI-Anwendung nutzt digitale Signaturen zur Verifizierung der Herkunft sowie der Erstellungsprozesse von Inhalten. Dies ist in Zeiten von „Fake News“ und verzerrter Informationen besonders wertvoll, um das Vertrauen der Nutzer/innen zu sichern. „Content Credentials“ funktioniert im Wesentlichen durch die Einbindung von Metadaten in digitale Inhalte wie Bilder, Videos und Texte. Diese Metadaten helfen dabei, die Quelle des Inhalts nachzuvollziehen und zu bestätigen, dass diese nicht manipuliert oder falsch dargestellt wurde. Wenn ein/e Journalist/in bei der BBC ein digitales Medium erstellt, werden automatisiert entsprechende Metadaten wie der Name des Erstellers, Zeitpunkt der Erstellung oder der Standort generiert und den Inhalten beigefügt. Diese sind für Nutzer/innen jederzeit abrufbar.
BBC: Durch das Redaktionssystem abgebildete Veröffentlichungsdaten als gelungenes Fact-Checking Beispiel
Die BBC hat ihre Redaktionssysteme so konfiguriert, dass die „Content Credentials“ automatisiert veröffentlicht werden. Beim Hochladen oder Veröffentlichen der Inhalte werden die Metadaten auf den BBC-Websites platziert. Die technische Implementierung dieser Lösung in bestehende Systeme und Workflows der BBC ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie generative KI-Anwendungen nicht zwangsläufig komplett neue Prozesse benötigen. Stattdessen können diese auch auf existierenden Abläufen aufbauen und diese ergänzen.
Ein weiterer Anwendungsfall ist die Retresco-Lösung „Rewrite“ bei der RHEINPFALZ. Diese KI-Anwendung wird genutzt, um Nachrichten- und Agenturmeldungen, Pressemitteilungen, Polizeiberichte oder amtliche Bekanntmachungen automatisiert umzuformulieren und für unterschiedliche Zielgruppen und Kanäle anzupassen. Die einfache Integration in das laufende Redaktionssystem ist hierbei ebenso wesentlich wie die Nutzung einer vorab erstellten Prompt-Bibliothek sowie eine zentrale Prompt-Verwaltung. Dadurch ist kein redaktionelles Prompting-Know-how erforderlich. Zum Anlauf des Projekts war ein kurzes KI-Training der dreizehn RHEINPFALZ Lokalredaktionen ausreichend.
Beispiel Rewrite: Meldungen umformulieren und zusammenfassen – ohne Prompting-Know-how
Yannick Dillinger, Chefredakteur bei der RHEINPFALZ, kommentiert: „Die Stärke der RHEINPFALZ ist die Präsenz in der Fläche. Wir informieren und inspirieren die Pfalz. Das ist personell aufwändig. Damit möglichst viele Kolleginnen und Kollegen in den Orten der Region unterwegs sein können, suchen wir Wege, die Wertschöpfung in Form von noch mehr starken Artikeln aus der Pfalz für die Pfalz zu erhöhen. Das gelingt nur, wenn wir an anderer Stelle Effizienz schaffen. Mit Rewrite machen wir an unseren Produktionsdesks sehr ermutigende Erfahrungen mit von der KI gekürzten, redigierten Texten. Am Ende liegt die Endbearbeitung immer bei einem Journalisten. Aber dank KI verringert sich sein Aufwand um ein Vielfaches.“
Ein weiteres Beispiel redaktioneller Entlastung kommt von der US-amerikanischen Zeitungskette Gannett („USA Today“). Hierbei wird generative KI genutzt, um Stichwort-Zusammenfassungen beim Einstieg journalistischer Texte zu produzieren. Durch den Einsatz von GenAI wird der Erstellungsprozess von Teasern und Einleitungstexten automatisiert („Story Summary“). Die KI analysiert den Artikel, identifiziert die zentralen Informationen und formuliert daraus einen kurzen, prägnanten Einstieg. Zugleich stellt Gannett sicher, dass die KI-generierten Texte von menschlichen Redakteuren überprüft werden, um Qualität und Faktentreue zu gewährleisten.
Story Summary: USA Today von Gannett mit KI-basierten Stichpunkt-Zusammenfassungen (Mosquito Beispiel)
Die Integration von KI in redaktionelle Prozesse bringt auch Herausforderungen mit sich. Die automatisierte Generierung von Inhalten ist besonders anspruchsvoll, da die KI sowohl Recherche, Kontext, Logik als auch Kohärenz zu meistern hat, um qualitativ hochwertige Ergebnisse zu liefern.
Große Sprachmodelle wie GPT, Gemini oder LLaMA sind bekanntermaßen nicht vor Halluzinationen bzw. inhaltlichen Verzerrungen gefeit. Zugleich gilt es höchste Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Für eine Top-Qualität bei generierten Inhalten ist im Medienumfeld eine menschliche Validierung unerlässlich. Es gilt, vertrauensvolle Content-Quellen sicherzustellen, um eine faktentreue, einwandfreie Berichterstattung zu realisieren.
Allerdings sind Medien, Publisher und Verlage nicht auf Gedeih und Verderb auf große Sprachmodelle angewiesen. Durch eine gezielte Strategie lassen sich bereits existierende Inhalte strukturieren und bereitstellen. Für die Entwicklung und Monetarisierung neuer KI-basierter Angebote empfiehlt es sich, Inhalte in einem zentralen Content-Pool zu bündeln. Auf dieser Grundlage lassen sich unterschiedlichste KI-Anwendungen entwickeln und skalieren.
Make or Buy? Die Entscheidung, ob eine KI-Anwendung selbst entwickelt oder eingekauft wird, ist eine zentrale strategische Weichenstellung. Medien, Publisher und Verlage müssen dabei die Vorteile sofort einsatzbereiter, „schlüsselfertiger“ Lösungen gegen die Flexibilität maßgeschneiderter, aber aufwändiger Eigenentwicklungen abwägen. Out-of-the-Box-Angebote bieten schnellen Zugang und offene Schnittstellen mit minimaler Einarbeitungszeit, während Eigenentwicklungen komplett auf die internen Anforderungen ausgelegt sind. Diese müssen entsprechend aufwändig entwickelt und gewartet werden. Inzwischen gibt es jedoch auch flexible Lösungen auf dem Markt, die technologisch auf dem neuesten Stand sind und sich ohne größeren Aufwand individuell „customizen“ lassen.
Ein Beispiel dafür, wie es funktionieren kann, liefert RTL mit seinem neuen „KI-Desk“. Die KI-Anwendung unterstützt Journalist/innen u.a. bei der Erstellung und Bearbeitung von Inhalten, indem vorliegende Content-Pools durchsucht werden. Themen werden vorgeschlagen und Schlagzeilen sowie Zusammenfassungen erstellt. Das intern trainierte KI-Tool automatisiert nicht nur die Nachrichtenproduktion, sondern optimiert Texte auf Grammatik und Stil. Inhalte werden für unterschiedliche Formate und Kanäle angepasst – und das auch für größere Datenmengen. Routineaufgaben wie das Verfassen von Updates oder die Verarbeitung von Standardanfragen werden automatisiert erledigt, während die KI auch bei der Personalisierung von Inhalten für verschiedene Zielgruppen hilft. Der KI-Desk überwacht kontinuierlich aktuelle Ereignisse, um schnell auf neue Entwicklungen zu reagieren.
Die 2022 in den USA gelaunchte Content-Creation-Plattform Semafor hat von Anfang an auf KI gesetzt. Die entsprechende KI-Anwendung ist nicht nur ein Redaktionssystem, sondern bietet auch umfassende Funktionen zur Erstellung und Optimierung von Inhalten. Das Tool generiert Texte automatisiert, indem es vorgegebene Themen oder Schlüsselwörter verarbeitet. Dies erleichtert die schnelle Erstellung von Inhalten für die relevanten Kanäle. Ähnlich dem KI-Desk von RTL, hilft GenAI bestehende Texte zu optimieren, indem Vorschläge zur Verbesserung der Lesbarkeit und Tonalität gegeben werden. Zugleich integriert die Anwendung Funktionen zur Suchmaschinenoptimierung, um sicherzustellen, dass die Inhalte bei Google und Co. auch gefunden werden. Das Herzstück ist der „Signals“-Feed, der täglich Beiträge produziert, die aktuelle Nachrichten und Analysen KI-basiert aufgreifen.
Vielversprechende Use Cases finden sich auch im Bereich Voice Cloning. Innovativ ist hierbei Axel Springer mit dem Podcast von Paul Ronzheimer auf Englisch. Das Besondere: Die englische Version wird komplett von einer KI-generierten Stimme gesprochen – und das in beeindruckender Qualität. Bei dieser mit Elevenlabs entwickelten KI-Anwendung wird aus dem deutschsprachigen Original-Podcast nicht nur der Text, sondern auch eine Art „stimmliche Topografie“ extrahiert. Diese Meta-Informationen ermöglichen es, das Gesagte von Paul Ronzheimer („Politics and War“) synchron mit der Art und Weise seiner Äußerungen zu übersetzen. Mithilfe dieser Synchronisierung werden persönliche Stimmungsschwankungen auch im künstlich generierten Podcast nachgebildet.
Optimale Reader Experience und automatisierte Services sind für Medien, Publisher und Verlage heute genauso entscheidend wie das Produzieren und Kuratieren von Inhalten. Es sind nicht nur Aktualität und Relevanz, die für Bindung sorgen, sondern auch eine individuell zugeschnittene Nutzererfahrung. Daher scheint es wenig überraschend, dass es in diesem Bereich immer mehr erfolgreiche Use Cases gibt.
Content-Archive sorgen für personalisierte Nutzererlebnisse – wie das Beispiel der Financial Times zeigt
„Ask FT“ ist eine KI-Anwendung der Financial Times, die es Nutzer/innen ermöglicht, gezielt Fragen zu stellen und daraufhin Antworten aus dem internen Archiv zu erhalten. Zusätzlich zu den passgenauen Antworten bietet „Ask FT“ Links zu weiterführenden Artikeln und Analysen, wodurch vertiefende Informationen erschlossen werden. Das KI-Tool passt sich den individuellen Interessen der Nutzer/innen an und liefert zugleich die neuesten Artikel zu den gewünschten Themen. Durch diese Art der Service-Automation wird die Reader Experience erheblich verbessert, da ein personalisiertes Angebot aus dem jahrzehntealten Content-Archiv bereitgestellt wird.
Vergleichbare KI-Anwendungen gibt es auch im Fachverlagsbereich. Hüthig Jehle Rehm (HJR) bietet etwa mit dem zusammen mit Retresco entwickelten „rehm eLine Smart Assist“ eine nutzerfreundliche KI-Lösung für komplexe Fragestellungen, indem das eigene Content-Archiv genutzt wird, um Wissen durch ein Frage-Antwort-System bereitzustellen. Für juristisch relevante Fragen werden Antworten sogar ausschließlich aus einem aktuellen, rechtssicheren Content-Pool generiert. Nutzer/innen müssen lediglich vollständige Fragen oder kurz formulierte Sachverhalte eingeben. Ein textbasierter und neuronaler Suchalgorithmus identifiziert die relevanten Textstellen aus den Verlagsangeboten und gibt zusätzlich Quellenverweise aus. Dies führt zu einer erheblichen Zeitersparnis bei der Recherche, da das mühsame Durchsuchen umfangreicher Trefferlisten entfällt.
Frage-Antwort-Systeme auf Basis eigener Content-Pools beim Fachverlag Hüthig Jehle Rehm (Beispiel KI-Recherche Lohnbüro)
Generative KI bietet aber auch signifikante Mehrwerte im Vertrieb und in der Vermarktung. So hilft beispielsweise das Themen-Management-Tool von Retresco im Medienumfeld dabei, bestehende Inhalte thematisch zu strukturieren und gezielt zu verschlagworten. Dies ermöglicht eine präzise Bündelung und Aufbereitung von Themenbereichen. Dadurch wird die Sichtbarkeit von neuen und älteren Inhalten auf Webseiten, in Archiven und bei der externen Suche erhöht. Ein erprobter Use Case ist die Zusammenarbeit mit der Südwest Presse, bei der die Reichweite von Google Discover Tags durch eine entitätenbasierte Artikel-Verschlagwortung um bis zu 300 % gesteigert werden konnte.
Das norwegische Medienunternehmen Schibsted verfügt über großes Know-how im Bereich Suchmaschinenoptimierung. Das namhafte Medienhaus nutzt ein intern trainiertes Sprachmodell, um Überschriften für Suchmaschinen zu erstellen und zu optimieren. Im Vergleich zu ChatGPT und Co. erzielt dieser Ansatz eine fünfmal höhere Performance. Dies führt zu einer signifikanten Steigerung der Reichweite und Umsätze der so optimierten Artikel.
Wenn es um die Ausspielung von Werbeinhalten geht, ist die bereits erwähnte Merkurist-KI ein gelungenes Beispiel. Neben themenrelevanten Artikelvorschlägen anhand der Analyse von Nutzerverhalten, unterstützt das Tool auch den Vertrieb von Inhalten und die Platzierung von Werbung. Die KI optimiert die zeitliche Ausspielung von Werbekampagnen, sodass Anzeigen nur dann abgerechnet werden, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit gesehen werden. Dies führt zu Kosteneinsparungen sowie mehr Reichweite und Umsatz.
Der Einsatz von KI-Anwendungen unterstützt Redaktionen dabei, ihre Effizienz durch Automatisierung und personalisierte Content-Angebote zu steigern und zugleich Kosten zu senken. Nicht zuletzt im Medienumfeld, wo die Menge an Informationen und die Geschwindigkeit der Umsetzung wesentlich sind, bietet generative KI wertvolle Unterstützung. Dennoch bleiben eine sorgfältige Planung und technische Implementierung von zentraler Bedeutung, um sowohl die Akzeptanz der Redaktionen als auch die der Nutzer/innen sicherzustellen. Hierbei handelt es sich nicht um eine Revolution, sondern um eine Evolution. Es ist daher unerlässlich, dass KI-Anwendungen in bestehende Systeme und Arbeitsabläufe integriert werden können, ohne etablierte Workflows komplett umzukrempeln.
Die Zukunft von Medien, Publishern und Verlagen wird maßgeblich davon abhängen, wie effektiv und nahtlos Redaktionen die Möglichkeiten generativer KI in ihren Arbeitsalltag einsetzen. Hier muss ein Augenmerk sein, hochwertige Inhalte zu erzeugen, die auf die Bedürfnisse und Wünsche der Nutzer/innen zugeschnitten sind. Mit der richtigen Balance zwischen faktenbasierten Inhalten, technologischer Innovation und menschlichem Urteilsvermögen können Medienschaffende und Journalisten nicht nur ihre Effizienz und Reichweite steigern, sondern auch die Qualität und Relevanz ihrer Inhalte gezielt verbessern.
Der Markt verändert sich jedoch schnell: Um die Mehrwerte von KI abzurufen, sind Medien, Publisher und Verlage gut beraten, in die Schulung ihrer Mitarbeiter/innen zu investieren. Redaktionsteams müssen nicht nur verstehen, wie die Technologie funktioniert, sondern auch, wie sie erfolgreich eingesetzt werden kann. Meist mangelt es nicht an Enthusiasmus für KI-Anwendungen, sondern an einem klaren Verständnis dafür, wo KI-Tools einzusetzen sind.
Die präsentierten Beispiele zeigen, dass es bereits viele erfolgreiche KI-Anwendungen gibt. Allerdings sind es nicht unbedingt „schlüsselfertige“ Lösungen, die im Medienbereich zum Ziel führen. Jeder Anwendungsfall ist einzigartig, weshalb individuellere Ansätze und flexibles „Customizing“ gefragt sind. Der Fokus liegt auf robusten, erprobten GenAI-Projekten. Die Zeit für bloße Experimente in Betaphasen und Pilotprojekten ist vorbei!
Für Fragen zu GenAI und zur Entwicklung erfolgreicher KI-Anwendungen, stehen wir gerne zur Verfügung. Sprich uns an – unsere Expert/innen melden sich gerne bei dir!
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