Blog
Janina Abou Al Ward
Product Marketing Manager, Retresco
Google treibt die Integration Künstlicher Intelligenz in seine Suchergebnisse konsequent voran – mit dem offensichtlichen Ziel, Informations- und Produktsuchen vollständig im eigenen Ökosystem abzubilden und zu halten.
Nachdem Google bereits vor einem Jahr in den USA seine AI Overviews eingeführt hat, wurde die KI-Suche vor kurzem auch in der EU gelauncht. Die auf der I/O-Entwicklerkonferenz vorgestellten Neuerungen zeigen: Google denkt die Suche neu – und verändert damit auch die Spielregeln für Reichweite und Sichtbarkeit von Inhalten.
Die AI Overviews („Übersicht mit KI“) fassen auf der Google-Suchergebnisseite relevante Informationen direkt am Anfang der Seite zusammen – basierend auf unterschiedlichen Quellen. Für Nutzer:innen bedeutet dies: schnelle, direkt konsumierbare Antworten ohne Klick auf eine einzelne News- oder Publisher-Webseiten. Für Medienhäuser und Verlage hingegen bedeutet dies: weniger Sichtbarkeit in den Suchtrefferlisten von Google, wobei ihre Inhalte zwar übernommen und verarbeitet werden, aber oft nicht mehr direkt zu Klicks auf die eigene Website führen.
Google wird solche Inhalte künftig aus Gemini 2.5, der neuesten Version seines KI-Modells, generieren – was einen Qualitätssprung in der Textgenerierung und Quellenverarbeitung bedeuten dürfte (bislang wurde Gemini 2.0 für Suchanfragen eingesetzt).
Mit AI Overviews, AI Mode & Personal Context möchte Google, Informations- und Produktsuchen komplett im eigenen Ökosystem abbilden
Mit dem AI Mode führt Google nun zudem ein neues Interaktionsmodell für die Suche ein – zunächst in den USA, perspektivisch aber wohl auch international. Der AI Mode ist ein chatbasierter Suchmodus, bei dem Nutzer:innen ihre Fragen wie bei ChatGPT oder Perplexity stellen können. Die Antworten werden nicht mehr als klassische Trefferliste, sondern als zusammenhängende, dialogbasierte Antworten angezeigt – ebenfalls auf Basis von Gemini. Damit läutet AI Mode einen Paradigmenwechsel ein: Die klassischen Suchergebnislisten könnten früher oder später der Vergangenheit angehören.
Aktuell ersetzt der AI Mode nicht die herkömmliche Suche, sondern steht als eigener Tab neben „News“, „Bilder“ oder „Videos“ zur Verfügung. Dennoch ist klar: Das Suchangebot von Google verändert sich grundlegend – und damit die Mechanismen, wie Inhalte gefunden, referenziert und ausgespielt werden.
Die neue Funktion „Personal Context“ wird zunächst nur im AI Mode verfügbar sein. Sie erlaubt es Google, Suchergebnisse deutlich stärker als bislang auf individuelle Nutzer:innen auszurichten – basierend auf Suchverhalten, Kalendereinträgen, Standortdaten oder Informationen aus anderen Google-Diensten wie Gmail. Damit wandelt sich die klassische, weitgehend generische Websuche zu einem KI-basierten Assistenten, der persönliche Vorlieben, Interessen und Kontexte aktiv in die Antwortgenerierung einfließen lässt – ein weiterer fundamentaler Paradigmenwechsel.
Für Publisher stellen die neuen KI-basierten Suchformate von Google eine doppelte Herausforderung dar:
Das heißt: Eine KI-gerechte Content-Produktion wird zur Voraussetzung für die eigene Sichtbarkeit. Es gilt, Inhalte nicht nur für Menschen, sondern auch für KI-Systeme wie Google Gemini optimiert aufzubereiten und bereitzustellen.
Google wandelt sich von einer Suchmaschine zu einer KI-basierten Antwortmaschine. Deshalb greifen herkömmliche SEO-Logiken zunehmend zu kurz. Sichtbarkeit entsteht künftig nicht mehr primär durch Platzierungen in Trefferlisten, sondern durch Relevanz in KI-generierten Antworten.
Wer künftig in den Suchergebnissen sichtbar bleiben will, muss verstehen, wie KI-gestützte Systeme Inhalte auswählen und bewerten – und seine Content-Strategie darauf ausrichten.
Gemäß Google erreichen die AI Overviews inzwischen bereits 1,5 Mrd. monatliche Nutzer:innen. Mit den weiterentwickelten AI Overviews hat Google eine neue Phase der Suche eingeläutet – und erste Konsequenzen sind bereits spürbar. Was auf den ersten Blick wie ein technisches Upgrade wirkt, verändert informationelle Suchen grundlegend: Statt herkömmlicher Trefferlisten präsentiert Google immer häufiger Antwortboxen mit KI-generierten Inhalten.
Die Folge: Sichtbarkeit ohne Klicks. Erste Analysen zeigen einen signifikanten Rückgang des organischen Traffics. Gemäß der Agentur Wordsmattr.io verloren deutschsprachige Websites im Schnitt bis zu 18 % an Klicks seit dem Launch der Overviews. Internationale Daten sprechen von einem Rückgang von bis zu 35 % – bei einem gleichzeitigen Anstieg der Suchanfragen mit Overviews um 49 %.
Die zentrale Herausforderung für Medienhäuser und Verlage lautet: Selbst Platz 1 in den organischen Suchergebnissen bringt künftig deutlich weniger Reichweite. Denn die AI Overviews dominieren den sichtbaren Bereich – häufig noch vor Anzeigen, Snippets und herkömmlichen Suchergebnissen. Besonders auf Mobilgeräten, wo Nutzer:innen durch lange, ausgeklappte KI-Antworten scrollen müssen, um überhaupt erste organische Ergebnisse zu erreichen, verlieren etablierte Publisher spürbar an Sichtbarkeit.
Zugleich zeigen erste Erhebungen, dass 89 % der Inhalte in den AI Overviews nicht aus den Top-100-Ergebnissen stammen. Der bisherige SEO-Fokus auf Keyword-Rankings verliert damit an Bedeutung. Wer gefunden werden will, muss in den KI-Antworten selbst sichtbar sein – als Quelle, Zitat oder semantisch verwertbare Referenz.
Publisher müssen sich künftig auf sinkende Klickraten einstellen. Zugleich gewinnen Erwähnungen und Quellenverweise in KI-generierten Google-Antworten erheblich an Bedeutung. Für Medienhäuser und Verlage heißt das: Es braucht eine strategische Neuausrichtung. Inhalte müssen nicht nur auffindbar sein, sondern auch maschinell interpretierbar, kontextuell einordbar und als vertrauenswürdige Quelle erkannt werden.
Die AI Overviews verschieben die Logik von „Ranking“ zu „Referenz“. Eine Sichtbarkeit im klassischen Sinne – also als anklickbarer Link – wird seltener. Doch Erwähnungen in Overviews könnten künftig zu einer neuen Form redaktioneller Reichweite werden.
Die aktuellen Google-Updates zielen darauf ab, dass Nutzer:innen Informationen direkt auf der Suchergebnisseite konsumieren – ohne auf die Webseiten von News-Anbietern oder Publishern zu klicken. Das stellt klassische Reichweitenmodelle von Medienhäusern zunehmend infrage.
Entscheidend wird sein: Wie stark sind die eigenen Inhalte von den AI Overviews betroffen? Welche Keywords sind betroffen – und in welchem Umfang? Je höher der Anteil der Suchanfragen, bei denen KI-generierte Antworten ausgespielt werden, desto größer das Risiko, dass wertvoller organischer Traffic verloren geht.
Google argumentiert zwar, dass Medienhäuser und Verlage durch gezielte Optimierung für AI Overviews an Sichtbarkeit gewinnen können – doch in der Praxis dürfte das kaum mehr sein als ein PR-kompatibles Lippenbekenntnis, um die tiefgreifenden Veränderungen der Suchlogik abzufedern.
Auch die zunehmende Personalisierung der Google-Suche hat direkte Auswirkungen auf die Sichtbarkeit redaktioneller Inhalte. Sichtbarkeit wird künftig noch stärker fragmentiert: Inhalte erscheinen nicht mehr einheitlich für alle Nutzer:innen, sondern werden individuell nach Kontext und Relevanz ausgespielt. Das macht Reichweiten weniger kalkulierbar und erschwert eine lineare SEO-Strategie, da es nicht mehr die eine Trefferliste gibt, sondern zahlreiche personalisierte Antwortpfade.
Die aktuellen Google-Entwicklungen zeigen: Traditionelle SEO-Maßnahmen allein reicht nicht mehr aus, um mit den eigenen Inhalte gefunden zu werden. Medienhäuser und Verlage müssen ihre Content-Strategien überdenken und sich auf die neuen Anforderungen der KI-gesteuerten Discovery-Logik einstellen. Dazu gehören:
Technisch bietet Google Publishern noch eine andere Möglichkeit: das nosnippet-Attribut. Wer dieses einsetzt, schließt seinen Content von AI Overviews und Co. aus. Doch hier liegt das Dilemma: Wer das Crawling eigener Inhalte unterbindet, findet nicht statt – wer sie freigibt, bekommt weniger Klicks. Medienhäuser und Verlage müssen sich daher zwischen weniger Reichweite und weniger Traffic oder Unsichtbarkeit mit Kontrolle entscheiden. In beiden Fällen braucht es neue Strategien, um Relevanz zu sichern – abseits der bislang gängigen Klick-Logik.
Mit dem Launch von AI Overviews und Co. markiert Google einen tiefgreifenden Wandel seines Such- und Werbeökosystems. Die diesjährige Google I/O hat deutlich gemacht, wohin die Entwicklung steuert: Weniger Klicks auf externe Seiten, mehr Kontrolle über die gesamte Nutzerreise. Zugleich setzt Google verstärkt auf Nutzungsdaten, um die Suchergebnisse radikal zu personalisieren – vorerst im AI Mode, perspektivisch auch darüber hinaus.
Das Ziel erscheint klar: Google will die gesamte Customer Journey – von der ersten Frage bis zur finalen Conversion – im eigenen Ökosystem halten. Informations- und Produktsuchen sollen künftig nicht mehr außerhalb der Google-Welt stattfinden. Für Medienhäuser und Verlage bedeutet das: sinkende Reichweite, weniger Traffic und eine wachsende Abhängigkeit von einer Plattform, die immer mehr zu einer geschlossenen Black Box wird.
Wir von Retresco unterstützen Publisher gerne dabei, Inhalte KI-fähig zu erstellen, zu organisieren und zu distribuieren – strukturiert, skalierbar, sichtbar. Wer jetzt handelt und auf eigene Angebote setzt, sichert sich mehr Sichtbarkeit und Erlöse in der Zukunft.
Du hast Fragen, Feedback oder Interesse? Sprich mich an – ich freue mich auf den Austausch!